Betriebe in der Provinz Kampanien/Italien besucht
Biologischer und konventioneller Gemüsebau südlich des Vesuvs

Zwei Personen bringen Folie an Gewächshaus an

Die angehenden Gemüsebaumeister der Fachschule Fürth besuchten im Sommer 2018 Betriebe in Kampanien/Italien und erfuhren, wie mit einfachen Mitteln Gemüse auf großen Flächen angebaut und dennoch eine hohe Marktqualität erzielt wird.

Latium und Kampanien haben gemeinsam, dass Direktabsatz von der Bevölkerung nicht nachgefragt wird. Kampanien aber unterscheidet sich vom Gebiet Latium in der Absatzstrategie. Absatzgenossenschaften wie im Latium fehlen in Kampanien komplett. Die Betriebe vermarkten ihre Produkte selbst, müssen dazu aber eine gewisse Größe haben, um auf dem internationalen Markt interessant zu sein. Dies führt dazu, dass große Betriebe für kleine die Vermarktung mit übernehmen. Sie bilden nicht-genossenschaftlich aufgestellte Kooperationen.

Blattschneider bei der Ernte im Feld
Az. Altamura Group: Spezialist für Blattgemüsearten
Altamura-Gruppe verfügt mit drei etwa gleich großen Betriebsteilen über eine Fläche von 100 Hektar Folientunnel. Drei Brüder führen das Familienunternehmen. Ihre Produkte sind in erster Linie Babyleaf-Mischungen, die aus Schnittsalat, jungem Spinat, auch Mangold, Rucola, Erbsen-Schnittware, Pak Choi, Rote Bete und Kräuter wie Koriander, Petersilie, Brunnenkresse bestehen. Ein Spezialist für Baby-Leaf-Salate: Das bedeutet viele gestaffelte Aussaaten von vielfältigen Blattgemüsearten und -sorten sind notwendig, um immer kleine, zarte Blättchen für kreative Mischungen zur Verfügung zu haben. Das Saatgut wird konstant bei 21 Grad Celsius gelagert.
In einem der Betriebsteile mit 30 Hektar Folientunnel arbeiten rund 30 Mitarbeiter, die aus Nordafrika und Osteuropa kommen. Jeder Folientunnel hat eine eigene Nummer, damit Babyleaf-Partien bis zum Feld zurückverfolgt werden können. Da Blattsalate vorwiegend maschinell geerntet werden, müssen die Beete absolut eben und feinkrümelig
sein. Das wird durch den Einsatz von Maschinen erreicht, die während der Beetvorbereitung gröbere Bodenteile des vorwiegend lehmhaltigen Bodens in tiefere Schichten und feinere Partikel an die Bodenoberfläche transportieren. Gesät wird auf zwei Meter breite Beete in 32 Reihen mit einer Agricola-Sämaschine. Die Blattsalate werden entweder mit einer Ortomec-Erntemaschine geschnitten oder bei kleineren Mengen mit einer Sense gemäht. Abgepackt wird die Ware lose in IFCO-Mehrwegkisten, in Holzkisten, in FlowPacks oder in Beutel.
Rucola bis zu zwölf Mal schneiden
Nach der Ernte werden Pflanzenreste von der Kulturfläche abgesaugt. Rucola kann zum Beispiel fünf bis zwölf Mal geschnitten werden. Nach jedem Erntegang wird bedarfsgerecht ausschließlich flüssig gedüngt. Zugelassene Pflanzenschutzmittel werden per Nebelgerät ausgebracht. Der Pflanzenschutzraum sowie alles, was mit Sicherheit und Qualität beim Pflanzenschutz zu tun hat, werden vorbildlich betreut und erfüllen problemlos die Bedingungen für die Zertifizierung nach Global GAP.
Aussortieren und verpacken
Produktion und Verpackung liegen im Betrieb Altamura etwa zehn Kilometer auseinander. Am Standort der Aufbereitung und Verpackung wurden modernste Maschinen zur Aussortierung von Fremdkörpern (Druckluft, Laser) präsentiert. Vor dem Waschen wird die Salatblattware in der Vakuumkühlung auf vier Grad Celsius gekühlt. Drei Verpackungslinien stehen zur Verfügung, eine zur Befüllung von Schlauchbeuteln und zwei mit Flowpack-Verpackungstechnik. Am Ende der Verpackungsstraße sondert ein Metalldetektor eventuell übersehene Metallteile aus. Baby-Leaf-Salatmischungen von Altamura werden in ganz Europa vermarktet und sogar nach Japan abgesetzt. Von jeder Produkt-Charge wird ein Rückstellmuster 14 Tage aufbewahrt.
Cooperativa Vivaistica meditoriale: Mechanisierte Jungpflanzenanzucht
Der Gartenbaubetrieb Cooperativa Vivaistica meditoriale in Battipaglia wird von zwölf Mitgliedern getragen. Auf einer Fläche von zwei Hektar Folientunneln und Gewächshäusern werden Gemüsejungpflanzen angezogen und zusätzlich auf sechs Hektar Baumschulware produziert. In der Aussaatstraße werden Anzuchtplatten – ausschließlich Styroporplatten – pneumatisch besät, je nach Jahreszeit und Gemüseart in unterschiedliche Anzuchterden mit einem definierten Verhältnis aus Weiß- und Schwarztorf. Anschließend werden die bestückten Jungpflanzentrays mit Substrat abgestreut und mit Vermiculite bedeckt, damit das Saatgut später etwas langsamer aufläuft.
Anzuchtplatten für Fruchtgemüse
Nach dem Angießen mit Wasser werden Styroporplatten im Keimraum bei 18 bis 20 Grad Celsius Temperatur gestapelt. Ein lockeres Stapeln, mit möglicher Luftzirkulation, ist bei Wassermelonen vorteilhaft. Bei anderen Gemüsearten kann dichter gestapelt werden. Für Fruchtgemüsearten werden Anzuchtplatten mit jeweils 600 kleinvolumigen Pflanztöpfen besät. Nach dem Auflaufen werden die kleinen Ballen maschinell in Platten mit größerem Volumen – etwa 60 Töpfe pro Anzuchtplatte – umgesetzt. Dafür wird eine Umtopfmaschine von TEA-Projekt genutzt, die je Arbeitsgang immer sechs Pflanzen greifen kann.
Nach dem Umsetzen werden die Pflanzen auf derselben Linie angegossen und anschließend zur Weiterkultur im Folientunnel aufgestellt. Tomaten, die fürs Freiland bestimmt sind, werden in Anzuchtplatten (eckige Formen) mit 264 Plätzen gesät und aus Kostengründen nicht mehr umgetopft. Tomaten für das Freiland kosten etwa sieben bis acht Cent/Pflanze, für den geschützten Anbau circa 30 bis 40 Cent. Die höheren Kosten resultieren aus teurerem Saatgut, Umtopf- und Veredlungkosten. Für veredelte Wassermelonen müssen Anbauer rund 20 bis 25 Cent/Pflanze bezahlen.
Jungpflanzen im Gewächshaus
Die Jungpflanzenplatten werden wegen des besseren Klimas auf Stellagen etwa kniehoch im Gewächshaus aufgestellt. So lässt sich auch das Einwurzeln der Jungpflanzen in den Untergrund verhindern. Eine Bodenheizung (schwarze Heizschläuche auf dem Boden) und Lufterhitzer sorgen für die angestrebte Temperatur. Zum Umstellen der Platten kommt eine Umsetzmaschine der Firma Techmek, Treviso/I, zum Einsatz. Für das Aufstellen/Abstapeln von 4.000 Platten sind circa fünf bis sechs Stunden notwendig.
Dünger und Pflanzenschutz werden über Gießwagen gesteuert ausgebracht. Auf den Gewächshäusern kann eine Außenschattierung angebracht werden. Die Alternative ist ein Kalkanstrich auf den Folientunneln. Bei Vivaistica meditoriale werden ganzjährig Jungpflanzen produziert, wobei die Monate Mai und Juni die ruhigeren Arbeitsmonate sind. Insgesamt versorgen in Kampanien vier bis fünf namhafte Jungpflanzenbetriebe die Fertigkultivateure. 15 Mitarbeiter "schultern" die Jungpflanzenproduktion von Fruchtgemüsearten, Salaten, Zwiebeln und Kohl, da ein relativ hoher Mechanisierungs- und Automatisierungsgrad erreicht ist.
Idea Natura: Kooperation mit viel Fläche auf der Höhe der Zeit
Der Zusammenschluss von derzeit 40 Mitgliedern, die 1980 die Kooperative Idea Natura gründeten, zeigt die Entwicklung des Produktionsgartenbaus in der Gegend schön auf. Idea natura produziert auf einer Fläche von circa 800 Hektar und verhilft vier Abpackfirmen zu Arbeit. Während in den 1970er-Jahren noch vorwiegend Pfirsiche und Birnen angebaut wurden, damals bereits in Folientunneln mit Holzkonstruktion, wurden diese in den 1980er-Jahren durch Tunnel mit Metallgestellen ersetzt. Auch wurden ehemals vorwiegend Tomaten, Wassermelonen, Zuckermelonen, Paprika und Nektarinen im geschützten Anbau kultiviert.
Anbau von Salaten
Allerdings nahm in den letzten zehn Jahren der Import von Tomaten aus Marokko zu, der Tomatenpreis sank und so wurde nach Anbaualternativen Ausschau gehalten. Inzwischen liegt ein Schwerpunkt auf dem Anbau von Babyleaf-Salaten, Feldsalat, Mangold, Endivie, anderen Salaten, auch Zuckerhut und weiteren Gemüsearten. Auch die Bio-Gemüseproduktion nimmt jetzt mit circa 50 Hektar Anbaufläche und einer Abpacklinie einen beachtlichen Anteil ein.
Export nach Deutschland und in die Schweiz
Biologisch erzeugte Produkte wie Salate, Basilikum, Melonen oder Kohlrabi gehen überwiegend nach Deutschland und in die Schweiz. Die anderen Artikel werden europaweit vermarktet. In Deutschland sind vor allem Lidl und Edeka Kunden der Kooperative. Das Russland-Embargo stellt auch für diese Kooperation ein Problem dar, da vor dem Handelsverbot 25 Prozent der Jahresproduktion nach Russland abgesetzt wurden. Das Embargo wird teilweise durch Exporte nach Bulgarien umgangen.
Azienda Fortunato Alberto: Anbauen und Abpacken für Idea Natura
Ein an Idea Natura anliefernder Produktionsbetrieb ist Azienda Fortunato Alberto in Battipaglia/Italien. Dieser Gemüsebaubetrieb wird in der dritten Generation geführt. Am Produktionsstandort steht auch eine Aufbereitungshalle, in der vor allem Babyleaf-Salate verkaufsfertig gemacht werden. Die Hallenfläche umfasst 1.800 Quadratmeter, auf der eine Abpacklinie für Babyleaf und eine für Blumenkohl, Brokkoli und andere Gemüsearten mit einer Leistung von fünf Paletten verpacktes Gemüse je Stunde zur Verfügung steht.
Geplant ist die Anschaffung einer Salatverpackungsmaschine. Der Preis für 125 g verpackten Babyleaf-Salat liegt derzeit bei 0,48 Euro. Die Produktionskosten werden mit 0,20 Euro angegeben. Mitte Februar wird der erste Satz Endivien gepflanzt, dann alle fünf Tage ein weiterer (insgesamt sechs Sätze). So kann bis Mitte Mai Endivien geerntet werden. Die Jahresmenge liegt bei jährlich circa 500.000 Endiviensalaten. Eine Besonderheit ist das Zusammenbinden von Friséeendivie von Hand. Die Stundenleistung des Bindens einer Spitzenkraft beträgt dabei rund 1.350 Endivienköpfe.
Bio-Produktion für Idea Natura: Melonen und Tomaten biologisch
Biologischer Anbau von Kiwi und Gemüse sind die Schwerpunkte eines weiteren Idea Natura-Mitglieds. Im Folientunnel werden im Winter Salat und Kohlrabi, danach Zuckermelonen und Basilikum erzeugt sowie 2017 erstmalig Datteltomaten. Großer Wert wird auf die Bodenpflege gelegt. Vor der in Kampanien üblichen Solarisation wird eigens hergestellter Kompost – aus Gemüseabfällen (40 Tage Reifezeit) oder aus Rindermist – in die Flächen eingebracht. Dabei wird eine Gesamtstickstoffmenge von 170 Kilogramm N/ha nicht überschritten.
Die Zuckermelonen wurden am 1. März auf Mulchfolie gepflanzt. Unter der Folie liegen je Pflanzreihe vier Tropfschläuche. Bei einem Pflanzenabstand von 0,6 Meter auf 2,40 Meter stehen etwa 8.000 Pflanzen/Hektar. Innerhalb eines großen Folientunnels sind die Melonen in den ersten vier Wochen nach Pflanzung von Minitunneln mit Vliesauflage bedeckt.
Gemüsefliegennetze gegen Schädlinge
Die Melonen werden nicht geschnitten. Sie bringen ab Ende Mai insgesamt circa fünf bis sechs Früchte/Pflanze von je 800 bis 1.200 Gramm/Frucht. Um generell Schädlinge aus den Tunneln fernzuhalten, sind Gemüsefliegennetze angebracht, die nach Öffnung der Stehwandlüftungen das Eindringen von Insekten verhindern. Hauptprobleme stellen Läuse dar, die durch offene Blattlauszucht in Griff zu bekommen sind. Eingesetzt wird das Produkt Aphibar gegen Läuse der Firma Koppert. Zur Bestäubung der Melonen werden Hummel- und Bienenvölker aufgestellt.
Wassergaben sukzessive steigern
Die Bestäubung der Tomaten garantieren Hummeln. Tomaten wurden Mitte März gepflanzt und die Pflanzschnur wird mit einem Eisenring im Boden festgehalten. Gedüngt wurden 300 Dezitonnen Kompost/Hektar. Bezüglich des Kulturverfahrens wurde hervorgehoben, dass die Pflanzen erst gut angegossen und dann trocken gehalten werden, um zu Beginn einen kurzen Internodienabstand zu erhalten. Ab der ersten Blüte steigert man die Wassergaben wieder. Bei nicht veredelten Tomaten werden Doppelreihen 0,6 Meter auf 1,8 Meter mit einem Abstand in der Reihe von 0,25 Meter gepflanzt. Zur Abwehr des Schädlings Tomatenminierfliege Tuta absoluta werden Pheromonfallen eingesetzt.